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News 2020

Vortrag Max Rödelsperger

Die ESA erforscht fremde Welten

Von R. Wilkens, 14.02.2020

Lehrer und Schüler des Gymnasium Marianum in Meppen begrüßten im Januar einen ungewöhnlichen Gast.

Max Rödelsberger, ESA Mitarbeiter aus Darmstadt und Mission Controll Spezialist stattete der Schule einen Besuch ab, als Höhepunkt des diesjährigen MINT-Tages. Bevor er seinen Weg in die Aula machte, um zweihundert erwartungsvolle Gesichter zu begrüßen, bewunderte der junge Wissenschaftler das neue NaWi-Gebäude und besichtigte die MINT-Projekte von Herrn Schepers (A-level Mathematik) und Herrn Quaing (Mathe-Wettbewerbe), begleitet von Mitgliedern der Jugend forscht AG. Herzlich willkommen geheißen wurde er von Direktor Rave, der sich freute, dass der Gast den weiten Weg von Darmstadt nach Meppen unternommen hatte.

Herr Rödelsperger nahm sich die Zeit, chemische und physikalische Versuche im Schülerlabor zu bewundern und gab sogar Tipps zum experimentellen Vorgehen ab. Und dann betrat er die Aula.

Gespanntes Schweigen der beinahe vollständig versammelten Oberstufenkurse erwartete ihn, als er von der MINT-Koordinatorin Frau Wilkens vorgestellt wurde. Trotz Umbauarbeiten an der Aula war es Schulassistent Schwenen gelungen, in kurzer Zeit die technischen Voraussetzungen für den Vortrag des Referenten herzustellen.

Nach einigen einführenden Bemerkungen fragte Rödelsperger die Schüler, welches Wissen sie über die Missionen der ESA hätten und verglich die Aufgabenbereiche mit denen des Partners NASA. Dabei nutzte er den Vergleich, um die Gemeinsamkeiten und ebenfalls einige grundsätzliche Unterschiede zu erklären. So betonte er den ausschließlich zivilen Anspruch der ESA, deren Aufgaben „Science and Exploration“ auch darin bestehe, die Erde vor Gefahren zu schützen.

Eine Gefahr, die zum Beispiel darin bestehen kann, dass völlig unvermutet am Himmel ein heller Blitz und lauter Knall auftreten. So geschehen in Chelyabinsk im Ural, als 2013 ein Asteroid über der Stadt explodierte. Eine rechtzeitige Ortung derartiger Meteoriten ist die Voraussetzung für Schutzmaßnahmen.

Der unheimliche Asteroid Apophis wird ebenfalls durch die ESA im Auge behalten und überwacht. Berechnungen zeigten, dass er uns nur um wenige zehntausend Kilometer verfehlen wird und zwar am Freitag, den 13.April 2029. Bärtierchen auf dem Mond, hinterlassen durch die verunglückte Sonde „Beresheet" stellte der Redner auf humorvolle Weise als erste „Alien“ vor. Space safety und panetary protection war daher auch bei der Landung der Huygens-Sonde auf dem Titan-Mond oberste Priorität.

Ein wirbelnder Teilchenring in der Video-Präsentation zeigte, welche ungeheuren Mengen an Weltraumschrott sich inzwischen im Orbit befinden. Teile davon sind durch die ESA inzwischen bis auf wenige Zentimeter lokalisierbar. Die Folgen eines Zusammenstoßes lassen sich im Kinofilm „Gravity“ eindrucksvoll nachvollziehen. Die Vorhersage von Sonnenstürmen (Space weather) ist ein weiteres Aufgabenfeld. Eine Vorwarnzeit hilft dabei, Schaden von Flugzeugen und Energiekonzernen abzuwenden. Die Sammlung und Auswertung von Klimadaten-auch zur Unterstützung von Umweltmaßnahmen- ist ein weiteres Feld.

Es braucht eine Menge gut ausgebildeter Spezialisten, um ein System in den Weltraum zu bringen. „Hier sind aber nicht nur die spektakulären Missionen eines Alexander Gerst gefragt“, betonte Rödelsperger. „Die Astronauten sind nur ein kleiner Teil des Ganzen. Eine Vielzahl von technischen Experten wird benötigt, um die Voraussetzungen für die Reisen zu schaffen. Im Ausbildungsbereich der ESA gibt es dafür Platz, hier lassen sich Zukunftsträume verwirklichen.“

Fast schon Routine ist natürlich weiterhin die Mitarbeit an der internationalen Raumstation (ISS), die mit einer Spannweite von 109 Metern durch den Weltraum fliegt. Die European Space Agency, hat inzwischen 27 Mitgliederstaaten und 5000 Mitarbeiter an 7 Standorten in der EU und die eigene Arbeit des ESA Mitarbeiters ist ein gutes Beispiel für die Vielfalt der Berufsangebote. Er berichtete, dass er mit der Voraussetzung eines Maschinenbaustudiums bei dem ESOC angefangen habe. Als Trainee for Mission Analysis and Flight Dynamics konnte er an der Entwicklung von Software für Orbit Transfers mitwirken. Seine Dissertation ist gerade fertig geworden und beschäftigt sich mit „Smart Glasses“ für die Flugindustrie.

Das ESOC ist das Kontrollzentrum für viele Weltraumprojekte der europäischen Weltraum Agentur. Die hat bereits berühmte Missionen begleitet, wie zum Beispiel die Rosetta Mission zum Kometen Churyumov-Gerasimenko von 2014. „Der Lander Philae verschwand dann schnell im Schatten eines Felsens und sendete nicht mehr“, bemerkte Rödelsperger mit Humor. Diese bescheidene Feststellung verbirgt die großartige technische Leistung. Immerhin sendete Rosetta erstmals phantastische Bilder und eine Vielzahl von Daten direkt von einem Kometen und selbst der angebliche kleine Versager Philae übertrug zwei Tage lang Messwerte.

Raketenstarts in Französische Guayana und Baikonur werden von dem ESOC systematisch erfasst. Aktuell steht die russisch-europäische Exo-Mars Mission auf dem Plan. Ein Rover soll von Baikonur aus mit einer Proton-Rakete gestartet und dann sicher auf dem Mars abgesetzt werden. Das ist ein komplexes Unterfangen, wenn man an die dünne Atmosphäre denkt.

Unser Redner ist optimistisch: „Einem Crash auf dem roten Planeten werden wir diesmal vorbeugen.“ Zurzeit wird ein riesiger Fallschirm erprobt und auch die Steuerelektronik gegenüber dem Vorgängermodell verbessert. Die Steuerung wird von Turin aus erfolgen.

Spannend ist auch die „Cheops“ Mission von 2019, die zur Erkundung von Exoplaneten führen kann. Eine Sojus-Rakete brachte das Teleskop ins All. Anschaulich erklärt Max Rödelsperger: „Die Methode muss man sich so vorstellen, dass ein bisher unbekannter Planet sich vor einen Stern schiebt. Dabei wird das Licht kurzzeitig durch einen schwarzen Fleck verdunkelt. Diese Lichtschwankungen können zur Entdeckung einer neuen Welt führen. Das Kepler–System ist dafür ein Beispiel.“

In der lebhaften Diskussionsrunde mit den Schülern versicherte der ESA-Mann, dass es heute auch möglich sei, ohne Training als Testpilot Astronaut zu werden. Hohe kommunikative Fähigkeiten seien gefragt, denn es geht um Teamwork.

Vom Publikum wurde auch in Bezug auf den Zweiten Weltkrieg die Gefahren der Raketentechnik hinterfragt. Die Rolle des NASA- Mitarbeiters Wernher von Braun liefert ein gutes Beispiel für die janusköpfige Geschichte der Technik. Herr Rödelsberger schloss einen Missbrauch bei der ESA aus und belegte dies am Beispiel der ISS. Außergewöhnlich ist diese größte Maschine der Menschheit im Weltraum gerade dadurch, dass sie die friedfertige Kooperation von 16 Staaten voraussetzt, darunter Russland und in Zukunft auch China.

Mit großem Applaus wurde der ESA-Gast verabschiedet, ein Mittagsessen mit Schülern und Lehrern des Marianum schloss sich an.

Wieder in Darmstadt angekommen schickte Herr Rödelsperger als letzte Botschaft noch einige Hinweise zu einem Gegenbesuch in Darmstadt und der Möglichkeit der Absolvierung von Praktika. Bewerbungen müssen selbstverständlich in Englisch erfolgen. Studenten können 3-4 Monate an einem der ESA-Standorte bleiben.

 
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