Seminarfach "Umwelt baut Brücken"

 

Teilnehmer des Sf und Türkei-Austausches stellen Projekte vor


Von Marlen Budden, 28.01.2015

Die Welt unter einem Kopftuch

Für die meisten Menschen ist es kein unbekannter Anblick: Junge Mädchen und Frauen muslimischen Glaubens, die ihr Haar unter einem Kopftuch vor den Blicken der Öffentlichkeit bewahren. Ausgeprägt ist dies natürlich vor allem in östlichen Gegenden, wo der Islam die führende Religion darstellt. Aber auch in der westlichen Welt ist der Islam vertreten und so sind auch dort Frauen mit dem sogenannten Hidschab anzutreffen. Doch wie fühlt es sich an ein Kopftuch zu tragen in einem Umfeld in dem es für die meisten Menschen nicht zum Alltag gehört? Bringt es Schwierigkeiten mit sich? Zieht es viele neugierige Blicke oder Kommentare an und gibt es vielleicht sogar rassistische Anfeindungen? Und was sind die Hintergründe dieses Brauches?

Diese Fragen hat sich eine Gruppe von Schülerinnen des 12. Jahrgangs des Marianums, bestehend aus Marlene Budden, Judith Wilke und Manon Kohnen, gestellt. Um diese Fragen zu beantworten beschlossen sie im Rahmen der Projektarbeit des Seminarfachs „Umwelt baut Brücken“ für eine Woche selbst ein Kopftuch zu tragen und ihre Beobachtungen und Gefühle bezüglich der Reaktionen während der Zeit zu dokumentieren. Die Rahmenbedingungen des Projektes waren, dass alle drei Schülerinnen sich verpflichteten ein Kopftuch zu tragen, egal in welchem Umfeld und in einem Zeitraum von 7 bis 18 Uhr an jedem Tag von Montag bis Freitag.

Das Experiment zeigte schon nach kurzer Zeit eine große Bandbreite an Reaktionen, von Bewunderung bis Ablehnung. Ein kurzes Interview mit einigen Passanten in der Meppener Innenstadt machte auch deutlich, dass viele Menschen mit den eigentlichen Hintergründen des Brauches nicht vertraut sind und nicht viel über den Islam im Allgemeinen wissen. In den meisten Fällen ist aufgrund dieser Wissenslücke durch das Projekt allerdings ein großes Interesse geweckt worden.

Um diese Wissenslücken auch bei sich selber zu schließen, wurde auch ein Interview mit einer Muslimin Nesrin Abdelrazik durchgeführt, die der Gruppe in allen Einzelheiten die Hintergründe des Hidschab erläuterte. Dabei betonte sie vor allem, dass gerade die Unwissenheit vieler Menschen bezüglich der Hintergründe des Hidschab das Hauptproblem sei und nicht etwa die allgemeine Intoleranz. Menschen, die die Gründe und Motivation hinter dem Brauch kennen, seien dementsprechend auch weitaus offener und zeigten deutlich mehr Akzeptanz. Im Nachhinein wurde von den Schülerinnen vor allem der Stolz positiv angemerkt, mit dem die befragte aufgrund ihrer Religion erfüllt war und auch die Stärke mit der sie hinter ihrem Glauben stand.

Ebenso unterschiedlich wie die Reaktionen auf das Projekt waren auch die Empfindungen der drei Schülerinnen. Zum Teil wurde von Kopfschmerzen und einem starken Unwohlsein berichtet, aufgrund von unangenehmen Blicken. Jedoch berichtete eine Schülerin auch von sehr positiven Eindrücken und keinerlei Einschränkungen durch das Hidschab.

Alles in Allem, so berichten die drei Schülerinnen, war das Projekt ein voller Erflog und ein wichtiger Schritt für das allgemeine interkulturelle Verständnis und die Förderung der Toleranz gegenüber fremden Religionen.

Interview

Was war ihr erster Gedanke als Sie das Kopftuch gesehen haben?
Ich war zunächst überrascht, da ich seit längerer Zeit keine Muslimin hier in Meppen gesehen habe.
Was wissen Sie über die Religion des Islam und die Hintergründe des Kopftuchtragens?
Nun ja, meine Kenntnisse gehen nicht über einige Grundkenntnisse hinaus, wie beispielsweise, dass Muslime ähnlich wie die Christen an einen einzigen Gott glauben, Allah soweit ich weiß. Außerdem beten sie glaube ich 5 mal am Tag in Richtung Mekka, der für sie heiligsten Stadt auf der Welt. Und im Islam gibt es soweit weiß auch gewisse Regeln bezüglich des Verzehrs gewisser Fleischsorten. Was das Tragen des Kopftuches angeht bin ich mir leider sehr unsicher, ich glaube es hat etwas mit der allgemeinen Stellung der Frau in der muslimischen Kultur zu tun. Wenn ich mich nicht irre soll der Anblick des Haares einer Frau und auch sonstiger privater Körperzonen das Privileg des Ehemannes bleiben, weswegen eine Frau sich in der Öffentlichkeit zu bedecken hat und das gilt eben genauso für ihren Körper wie für ihre Haare.
Wie finden Sie unser Projekt?
Ich bin zunächst einmal sehr beeindruckt, dass ihr den Mut habt, diese Aktion wirklich eine Woche lang durchzuziehen. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht immer sehr angenehm ist und auch viele Blicke auf sich zieht. Aber ich finde die Idee sehr gut und denke auch, dass dadurch die allgemeine Toleranz gegenüber dem Islam gefördert werden kann, vor allem wenn ihr vielen Leuten wie mir euer Projekt vorstellt und ihnen klarmacht was es bedeutet ein Kopftuch zu tragen.
Sind Sie im Vorbeigehen aufgrund unseres Kopftuches auf uns aufmerksam geworden?
Ja es war wirklich ein Blickfang für mich und im Nachhinein fällt mir auch auf wie sehr ich vielleicht gestarrt habe.
Befürworten Sie diese Art der freien Religionsausübung?
Sehr sogar. Ich finde jeder Mensch hat das Recht seine eigene Religion auszuleben, wie er es für richtig hält, so wie es auch im deutschen Grundgesetz steht. Solange durch diese Bräuche das Umfeld nicht sonderlich betroffen wird, kann es einem ja auch egal sein, wie jemand seine Religion auslebt.
Sind Sie der Auffassung, dass sich Muslime in Deutschland der deutschen Bevölkerung und deren Verhalten anpassen müssen?
Ich denke gerade in unserer heutigen, globalisierten Welt ist dieses Denken überhaupt nicht haltbar und ich wüsste auch nicht warum Menschen mit anderen kulturellen Hintergründen diese in Deutschland nicht ausleben sollten. Natürlich sollten sich diese Menschen nicht vor den Bräuchen von uns deutschen verschließen sondern ebenso offen unserer Kultur gegenüber sein, ansonsten könnten sie ja auch in ein anderes Land ziehen, sofern es ihnen möglich ist. Allerdings glaube ich, dass auch ein friedliches Miteinander möglich ist, bei dem jeder einander akzeptiert und niemand seine Kultur unterdrücken muss.