Bild: Petra Heidemann


„Biedermann und die Brandstifter“ f(e)urios inszeniert

 

Meppener Tagespost berichtet über "Biedermann und die Brandstifter"


Von Petra Heidemann, Meppener Tagespost, 25.02.2013
"Stark beeindruckt hat Eltern, Lehrer, Mitschüler und Freunde des Meppener Gymnasiums Marianum die Inszenierung von „Biedermann und die Brandstifter“ nach Max Frisch. Unter der Regie von Hermann Breer und Ruppert May wurde das Theaterstück durch Fabian Volmer und Hendrik Gebben technisch effektvoll und von den Akteuren engagiert umgesetzt.

Klare Strukturen von Kostümen und Kulissen im Schwarz-Weiß-Kontrast verliehen der Brandfarbe Rot, einzeln gesetzten Farbeffekten und schließlich dem finalen Farbinferno intensive Wirkung – unterstützt von entsprechenden Klanginstallationen. Klare Strukturen zeichneten auch die textintensive, präzise Dialogführung und schauspielerische Gestaltung der Szenen aus; Parallelität und Widersprüchlichkeit die Spiegelbildlichkeit der Aktionen.

Geschickt kam die umgreifende Form der Bühne zur Geltung. So gestalteten sich synchron Haupt- und Nebenspielplätze: Diese konnten ineinander greifen, sich gegenseitig kontrastieren und kommentieren, den Zuschauer aus der passiven Rezeption holen und ihn mit seiner Rolle als direkt Beteiligtem konfrontieren.

Die „Einsätze“ des wachsam warnenden Feuerwehrchores (Erik Borker, Jasmin Hille, Kevin Schulte, Franziska Tietz und Lara Wessels) offenbarten die Diskrepanz von akustisch lautstarker Eindringlichkeit und dem dennoch nicht Wahrgenommen-Werden der Wehe-Rufe, so man nicht hören will. So durchzog das Spannungsgefälle von vorübergehendem Aufschrecken und Nicht-wahr-haben-wollen der Figuren das gesamte Bühnengeschehen.

Biedermann (Klara Lübbers), über Leichen gehender Geschäftsmann und sich als vermeintlicher Bravbürger gefallend, und seine besorgte, aber durchsetzungslose Frau Babette (Sarah Kuiter) gehen jeder ernsthaften Auseinandersetzung aus dem Weg, wie deutlich auch die Wahrheiten ins Gesicht gesagt werden. „Wahrheit ist die beste Tarnung“, erklärt ihnen der in die Hausgemeinschaft eingedrungene Brandstifter Josef Schmitz (Jan-Lucas Golla).

Und die Mechanismen von vermeintlichem Verständnis, Suggestion und Provokation nehmen ihren verhängnisvollen Verlauf. Dem ungeschlachten Temperament dieser Rolle, von Golla erschreckend glaubhaft in heute gängige Bewegungsmuster übertragen, steht das kalte Kalkül seiner Gefährtin Wilma Eisenring gegenüber, geradezu dämonisch von Luisa Beckmann umgesetzt. Das schnippische Dienstmädchen Anna (Kiona Kimbel) und die Witwe Knechtling (Franziska Tietz) werden nur in ihrer nicht vermeidbaren Funktion wahrgenommen, nicht als Menschen. Man bevorzugt es, sich der Gewalt anzubiedern und zu paktieren, um davonzukommen, eben anders als in Brechts „Maßnahmen gegen die Gewalt“. Aber ohne Zivilcourage „schlafend im brennenden Hemd“ (Enzensberger) gibt es kein Davonkommen – zu keiner Zeit. „Jedermann“ ist „Biedermann“.

Konnten sich auch nicht alle jungen Zuschauer von ihren mobilen Geräten und vom Amüsement der Kostümierung ihrer Mitschüler auf der Bühne lösen – es hat gezündet."