Gymnasium Marianum
Meppen
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Prüfungskurs Deutsch



Anspruch eines Journalisten

 
Von Muriel Heimann, Jgst. 13
Wie unabhängig kann ein Journalist einer Lokalzeitung wirklich schreiben? Diese Frage bewegte den Leistungskurses Deutsch von Herrn Fuest, nachdem er Henrik Ibsens Drama „Ein Volksfeind“ in Vorbereitung auf das Abitur gelesen hatte. Der Journalist der Meppener Tagespost Tobias Böckermann, der 1992 sein Abitur am Marianum gemacht hat, kam dazu extra in seine alte Penne, stand dem Deutschkurs Rede und Antwort und erläuterte sein Selbstverständnis als Journalist ganz exklusiv.

Im Drama „Ein Volksfeind“ geht es im Wesentlichen um eine Aufdeckung einer Umweltvergiftung, denn das Wasser des Kurbades ist im höchsten Grade gesundheitsschädlich. Der Protagonist Dr. Stockmann wird zunächst von Vertretern der Presse zum „Volksfreund“ ernannt und unterstützt. Im weiteren Verlauf des Dramas allerdings, als deutlich wird, dass diese Entdeckung den wirtschaftlichen Ruin des Kurortes bedeutet, wandelt sich die Meinung der Presse sehr schnell und Dr. Stockmann wird zum „Volksfeind“ erklärt.

Da das Drama sich mit der Frage der Abhängigkeit der Presse von Politik und Gesellschaft auseinandersetzt, fragten die Schülerinnen und Schüler Tobias Böckermann, inwieweit Presse- und Meinungsfreiheit uneingeschränkt bestehe.

Böckermann stellte zunächst einmal fest, dass solch ein Vorfall, wie im Drama „Ein Volksfeind“, aufgrund des Internets und diverser Quellen heutzutage sicherlich nicht mehr möglich sei und dass er sich mit dem dargestellten Verhalten der Journalisten keineswegs identifizieren könne. Anderseits aber sei ein solches Verhalten allerdings auch nicht gänzlich auszuschließen. In Bezug auf die Unabhängigkeit machte er deutlich, dass diese Frage keinesfalls leicht zu beantworten sei, viel von der persönlichen Einstellung eines Journalisten abhänge und daher nur ganz individuell zu beantworten sei. Hierbei stellte er heraus, dass es wichtig sei, sich nicht von höheren Vertretern der Stadt oder Lokalpolitikern vereinnahmen zu lassen, um die Forderung nach einer möglichst objektiven Berichterstattung erfüllen zu können. Es sei als Journalist eben nicht möglich, mit „Jedem gut Freund“ zu sein. Ein Journalist müsse eine gewisse Distanz zu den Agierenden halten, daher bevorzuge er es, die Leute zu siezen, um seinen eigenen Standpunkt nicht beeinflussen zu lassen. Ein Grund, warum er sich für den Beruf des Journalisten entschieden hat, bestehe in der Tatsache, sich mit den Problemen der Gesellschaft auseinandersetzen zu können, und darin seine eigene Position zu darzustellen. Für sich persönlich propagiert Böckermann einen offensiven Stil, welcher das Interesse aller berücksichtigen sollte, woraus seiner Meinung nach schon ein moralischer Konflikt resultiert, da es manchmal unmöglich sei, gegensätzliche Interessen zusammenzuführen.

Außerdem kam die Monopolstellung der Meppener Tagespost im Emsland zur Sprache und die Abhängigkeit der Zeitung von wichtigen Anzeigenkunden. Auch hier machte Böckermann deutlich, dass sich ein guter Journalist sicherlich keine brisante Story entgehen lässt, wenn man sie nach bestem Gewissen vertreten kann und die Tatsachen nicht von der Hand zu weisen sind, auch wenn man Gefahr läuft, einen wichtigen Anzeigenkunden zu verlieren. In gewissen unangenehmen Situationen müsse ein Journalist eben Rückgrat beweisen.

Abschließend lässt sich sagen, dass der Vortrag von Herrn Böckermann es den Schülerinnen und Schüler möglich gemacht hat, das Drama „Ein Volksfeind“ nicht nur abstrakt zu betrachten, sondern einen wichtigen Bezug zur Realität zu sehen. Außerdem konnte der Kurs einen Einblick in die Tätigkeit eines Journalisten gewinnen. Böckermanns Besuch kann als enorme Bereicherung angesehen werden.