Neue Zweitzeugen am Marianum
Von J. Baum, 27.11.2025
Es ist still in der Mediathek. „Was war, können wir nicht mehr ändern. Aber es darf nie wieder geschehen“, sagt Margot Friedländer. Erna de Vries betont: „Ich habe keinen Hass. Wenn man Hass in sich hat, zerstört der einen selbst.“ Die Siebtklässler:innen hören gebannt den Lebensgeschichten der Holocaust-Überlebenden Esther Bejarano, Hannah Pick-Goslar, Siegmund Pluznik, Margot Friedländer und Erna de Vries zu. Sie wirken beeindruckt und betroffen. Nach den kurzen Vorträgen stellen sie viele Fragen, die gerne und ausführlich beantwortet werden.
Nur sind die fünf Zeitzeugen des Holocausts in den letzten Jahren verstorben. An ihrer Stelle stehen die ZWEITzeugen.
Seit Anfang Februar haben sich 18 Schüler:innen aus dem heutigen Jahrgang 10 von den Lehrkräften Johannes Kröger und Jan Baum zu Zweitzeugen ausbilden lassen. Dabei haben sie sich intensiv mit der Lebensgeschichte einer/s Überlebenden des Holocaust, des grausamen Völkermords an Juden durch die Nationalsozialisten, auseinandergesetzt. Ziel ist es, dass die Lebensgeschichten der Zeitzeugen nicht in Vergessenheit geraten.
Außerdem haben sie sich mit der Frage beschäftigt, was die Ereignisse vor über 80 Jahren mit uns heute zu tun haben. Denn Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierungen gibt es leider immer noch – auch in unserem Alltag. So ist das dreistündiges Zweitzeugen-Projekt für den Jahrgang 7 entstanden.
„Ich mache beim Zweitzeugen-Projekt mit, weil ich es sehr wichtig finde, darüber zu informieren und aufzuklären. Ich höre oft noch rechtsextreme Kommentare zum Beispiel an der Bushaltestelle und finde es ziemlich schlimm wie oft unüberlegt solches gesagt werden“, sagt die Zweitzeugin Jamy (10c). „Ich möchte, dass die Schüler:innen diese schlimmen Geschichten erfahren und sie als etwas Negatives in Erinnerung behalten, da man solche Geschichten nicht verharmlosen sollte, aber andererseits möchte ich auch, dass die Schüler:innen eine positive Botschaft aus diesem Projekt mitnehmen, also dass sie aus den Geschichten lernen können und in der jetzigen Zeit etwas ändern können, so dass Diskriminierung und, z.B. Mobbing in Schulen, verhindert werden kann“, ergänzt Ava (10c).
Klara und Rieke (10c) erklären, warum sie Zweitzeuginnen geworden sind:
„Mir ist es wichtig, dass Esthers Geschichte weitererzählt wird, weil nicht jeder den Holocaust überlebt hat und es ihr immer wichtig ist, gehört zu werden. Ob durch Musik oder bei Reden, sie hat sich immer aktiv für Menschlichkeit, Frieden und Offenheit eingesetzt und das sollten wir niemals vergessen. Hass, Diskriminierung und Ausgrenzung dürfen uns keine Angst machen und mit starken Vorbildern, wie Esther, hilft es einem gegen Ungerechtigkeit zu kämpfen!“ (Klara)
„Ich finde das Projekt mega wichtig. Vor allem gefällt mir, dass wir es den Kindern selbst vorstellen dürfen, da das nochmal eine andere Wirkung hat. Als gefragt wurde, wer Interesse am Zweitzeugen-Projekt hat, war mir klar, ich möchte das machen! Da ich mich auch noch gut an den Tag erinnern konnte, wo ich selbst als Siebtklässlerin dort war.“ (Rieke)
Julia (10b) sagt abschließend: „Ich finde es wichtig, dass wir uns an Erna de Vries erinnern, da sie eine sehr starke Frau war. Ihre Geschichte verdeutlicht, dass die Nazis sie als Jüdin, für die Religion keine wichtige Rolle gespielt hat, hassten, nur weil sie lebte.“
Nach drei Tagen Projekt mit dem Jahrgang 7 sind die Zweitzeug:innen erschöpft, aber zufrieden. Für sie war es erst der Anfang ihres Wirkens. Im Januar ist der Jahrgang 8 dran.





